Der Sehnenriss an der Rotatorenmanschette ist in der Regel der vorläufige Endpunkte einer längeren ungünstigen Entwicklung. Häufig ist ein chronischer Sehnenverschleiß ursächlich dafür, dass es zum Sehnenriss kommt. Bei einer vorgeschädigten, verschlissenen Sehne reicht manchmal eine Alltagsbelastung aus, um sie reißen zulassen.
Für einen frühzeitigen Sehnenriss ist oftmals das sogenannte Impingement Syndrom verantwortlich. Hierbei besteht eine Einengung zwischen Schulterdach- und Oberarmknochen - die dort verlaufende Sehne und der Schleimbeutel werden hierdurch immer wieder schmerzhaft gequetscht. Besonders gefährdet sind Personen mit chronischer Schulterbelastung z.B. bei Überkopf-Tätigkeiten eines Handwerkers oder Sportlers.
Es gibt aber auch anatomische Formvarianten, z.B. eine individuelle, ungünstige Anlage des Schulterdachs die zum Impingengement Syndrom beitragen. Seltener reißt die Sehne durch einen Unfall, beispielsweise bei einem Sturz auf den Arm oder eine abrupte, heftige Kraftanstrengung.
Bei einem Schaden der Rotatorenmanschette klagen Betroffene über plötzliche, oft stechende Schmerzen, vor allem bei Bewegungen des Armes nach oben. Häufig ist auch die Kraft des Armes beim Heben reduziert.
Aufgrund der mechanischen Störung bildet sich eine Entzündung des Schultergelenks insbesondere des Schleimbeutels. Die Folge sind häufig auch nächtliche Schulterschmerzen, die regelmäßig in den Oberarm ausstrahlen.
Am Anfang stehen die Erhebung der Krankengeschichte sowie die klinische Untersuchung. Insbesondere spezielle Provokationstests für die einzelnen Sehnenabschnitte können deutliche Hinweise auf das Vorliegen eine Ruptur der Rotatorenmanschette geben.
Eine Kraftminderung, z.B. beim Anheben des Armes wäre hier ein typisches Indiz für einen Sehnenriss.
Bei Verdacht auf eine Ruptur der Rotatorenmanschette sind gezielte apparative Untersuchungen wichtig, wie Ultraschall und/oder eine Kernspin-Tomographie (MRT), die zur Darstellung der Sehnen und der Größe des Schadens dienen.
Eine gerissene Sehne kann nicht von selbst zusammen heilen. Es muss entschieden werden, ob der/die Betroffene mit der gerissenen Sehne leben kann und langfristig beschwerdefrei sein wird, oder ob der Schaden repariert werden muss.
Sämtliche Behandlungsstrategien orientieren sich grundsätzlich an der individuellen Beschwerdesymptomatik, am Anspruch der Patienten und an den speziellen Lebensbedingungen.
Bei jungen Patienten sollte großzügig auch bei kleineren Rissen der Sehne eine Rekonstruktion, d.h. die Naht der Sehne erfolgen. Je geringer der Bewegungs- und Belastungsanspruch ist, desto zurückhaltender kann man beim älteren Menschen mit der Rekonstruktion einer gerissenen Sehne sein. Hier kann dann ggf. auch mit konservativen Therapiemaßnahmen die Lebensqualität wieder hergestellt werden.
Entscheidet man sich beim älteren Patienten die gerissene Rotatorenmanschette nicht zu reparieren benötigt die Schulter zunächst eine gewisse Schonung. Daneben sind zu Anfang in der Regel entzündungshemmende Medikamente (Tabletten ggf. Spritzen) sinnvoll.
Sanfte Therapiemaßnahmen wie Kältebehandlung, Salbenbehandlung und Elektrotherapie können zudem die Schmerzen lindern. Durch bestimmte Bewegungsübungen (Krankengymnastik) und gezieltes Muskeltraining soll im zweiten Schritt die Stellung des Oberarmkopfes verbessert werden und Hilfsmuskeln, die die Schwäche etwas kompensieren, gekräftigt werden.
Wenn konservative Behandlungsmaßnahmen nicht zu einer dauerhaften zufriedenstellenden Lebensqualität führen, sollte auch beim älteren Menschen die Operation erwogen werden. Ob dann eine Reparatur der gerissenen Sehnen in Frage kommt oder eine "Inverse Schulter-TEP" die bessere Lösung ist, erörtert Ihr Schulter-Spezialist individuell mit Ihnen.
Die moderne Schulterchirurgie bietet heute die Möglichkeit, Sehnenrisse im Rahmen einer Arthroskopie zu reparieren. Die Arthroskopie ist ein minimal-invasives Verfahren, bei der die OP über mehrere ca. 3mm kleine Zugänge mit Hilfe einer Minikamera sowie feinster OP-Instrumente durchgeführt wird.
Mit der arthroskopischen Operationsmethode kann der erfahrene Schulterexperte auch Sehnenrisse reparieren, die der früher praktizierten, offenen OP nicht zugänglich waren. Zur Rekonstruktion wird die abgerissene Sehne mit Hilfe kleiner Implantate (heute i.d.R. aus bioresorbierbaren Materialien) wieder am Knochen fixiert, damit sie dort wieder fest einheilen kann.
Zugleich ist es meist notwendig, den Raum unter dem Schulterdach zu erweitern (vgl. Impingement-Syndrom), um die heilende Sehne vor unnötiger Druckbelastung zu schützen und ein sicheres Anheilen zu gewährleisten. Die arthroskopische Reparatur bei gerissener Rotatorenmanschette gilt als großer Fortschritt der Schulterchirurgie. In der Hand des erfahrenen Schulterspezialisten ist es eine sehr erfolgreiche, risikoarme OP, die den Patienten wenig belastet. Die Operationszeit beträgt je nach Größe des Risses 1 bis maximal 2 Stunden.
Aber: nicht jeder Sehnenriss ist heilbar. Manche Risse sind aufgrund ihrer Größe, ihres Alters oder der schlechten Sehnenqualität irreparabel. Ist die Risskante zu stark degeneriert oder zu weit von ihrem ursprünglichen Ansatzpunkt am Knochen weggezogen, beschränkt man sich ggf. darauf, die abgerissenen Sehnenstümpfe zu glätten und entzündetes Gewebe zu entfernen. Bei älteren Patienten mit irreparablen Rissen und einem hohen Leidensdruck ist heute eine "Inverse Schulter-Endoprothese" zu einer attraktiven Option geworden. Nur in Ausnahmefällen ist eine aufwändige Rekonstruktion durch Verlagerung von Sehnen anderer Muskeln sinnvoll.
Für eine Schulterarthroskopie ist zur Betäubung eine Vollnarkose notwendig. Welche Art der Vollnarkose im Einzelfall die Verträglichste ist sollte individuell nach entsprechender Untersuchung des Patienten durch den Narkosearzt entschieden werden.
Häufig wird die Vollnarkose durch eine regionale Betäubung des Nervengeflechts am Hals (Plexus) ergänzt. Durch diese zusätzliche Betäubung benötigt der Anästhesist weniger Medikamente für die Vollnarkose. Somit ist die Narkose für den Patienten besser verträglich.
Damit die operierte Sehne zuverlässig einheilen kann, benötigt sie Ruhe. Die Schulter wird mit einer Bandage zunächst für drei bis sechs Wochen ruhig gestellt.
Damit es in dieser Zeit jedoch nicht zu einer Schultersteife kommt, sollte das Schultergelenk frühzeitig und vorsichtig von Krankengymnasten bewegt werden. Auch regelmäßige Eigenübungen werden empfohlen. Nach ca. 6 Wochen sollte ein gezieltes Muskelaufbautraining erfolgen. Um ein sicheres Anheilen der Rotatorenmanschette nicht zu gefährden sollten schulter-belastende Sportarten oder Risikosportarten für ca. 6 bis 9 Monate nach der OP gemieden werden.